Regel des Hl. Benedikt
Die Ordnung bei der Aufnahme von Brüdern
Kommt einer neu und will das klösterliche Leben beginnen, werde ihm der Eintritt nicht leicht gewährt, sondern man richte sich nach dem Wort des Apostels: „Prüft die Geister, ob sie aus Gott sind.“ (1Joh 4,1) Wenn er also kommt und beharrlich klopft und es nach vier oder fünf Tagen klar ist, dass er die ihm zugefügte harte Behandlung sowie die Schwierigkeiten beim Eintritt geduldig erträgt, aber trotzdem auf seiner Bitte besteht, gestatte man ihm den Eintritt, und er halte sich einige Tage in der Unterkunft für die Gäste auf.
Danach wohne er im Raum für die Novizen, wo sie lernen, essen und schlafen. Ein erfahrener Bruder werde für sie bestimmt, der geeignet ist, Menschen zu gewinnen, und der sich mit aller Sorgfalt ihrer annimmt. Man achte genau darauf, ob der Novize wirklich Gott sucht, ob er Eifer hat für den Gottesdienst, ob er bereit ist zu gehorchen und ob er fähig ist, Widerwärtiges zu ertragen.
Offen rede man mit ihm über alles Harte und Schwere auf dem Weg zu Gott. Wenn er verspricht, beharrlich bei seiner Beständigkeit zu bleiben, lese man ihm nach Ablauf von zwei Monaten diese Regel von Anfang bis Ende vor und sage ihm: Siehe das Gesetz, unter dem du dienen willst; wenn du es beobachten kannst, tritt ein, wenn du es aber nicht kannst, geh in Freiheit fort. Wenn er noch immer bleiben will, dann führe man ihn in den oben erwähnten Raum der Novizen und prüfe ihn wieder in aller Geduld.
Nach Ablauf von sechs Monaten lese man ihm die Regel vor: Er soll wissen was der Eintritt für ihn bedeutet. Wenn er noch bei seinem Entschluss bleibt, liest man ihm nach vier Monaten dieselbe Regel wieder vor. Hat er es sich reiflich überlegt und verspricht er, alles zu beachten und sich an alles zu halten, was ihm aufgetragen wird, dann soll er in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Doch muss er wissen, dass er, auch nach dem Gesetz der Regel, von diesem Tag an weder das Kloster verlassen noch das Joch der Regel von seinem Nacken abschütteln darf; er hatte ja lange genug Zeit zu überlegen, ob er es von sich weisen oder auf sich nehmen wolle.
Bei der Aufnahme verspreche er im Oratorium in Gegenwart aller Beständigkeit, klösterlichen Lebenswandel und Gehorsam, vor Gott und seinen Heiligen. Sollte er einmal anders handeln, so muss er wissen, dass er von dem verworfen wird, den er nicht ernstnimmt. Über sein Versprechen verfasse er eine Urkunde auf den Namen der Heiligen, deren Reliquien dort sind, und des anwesenden Abtes. Diese Urkunde schreibe er mit eigener Hand und lege sie auf den Altar.
Nimm mich auf, Herr, nach deinem Wort
Wenn er sie niedergelegt hat, stimmt der Novize sofort folgenden Vers an: „Nimm mich auf, Herr, nach deinem Wort, und ich werde leben; lass mich in meiner Hoffnung nicht scheitern.“ (Ps 119,116) Diesen Vers wiederholt die ganze Gemeinschaft dreimal und fügt das „Ehre sei dem Vater“ hinzu. Dann wirft sich der neue Bruder jedem einzeln zu Füßen, damit sie für ihn beten. Von dieser Stunde an wird er zur Gemeinschaft gerechnet.
Wenn er Eigentum hat, verteile er es vorher an die Armen oder vermache es in aller Form durch eine Schenkung dem Kloster. Er darf sich gar nichts vorbehalten; denn er weiß ja: Von diesem Tag an hat er nicht einmal das Verfügungsrecht über seinen eigenen Leib. Noch im Oratorium ziehe man ihm also die eigenen Sachen aus, mit denen er bekleidet ist, und ziehe ihm die Sachen des Klosters an. Jene Kleider aber, die man ihm ausgezogen hat, sollen in die Kleiderkammer gebracht und dort aufbewahrt werden. Sollte er nämlich einmal der Einflüsterung des Teufels nachgeben und das Kloster verlassen, was ferne sei, dann ziehe man ihm die Sachen des Klosters aus und entlasse ihn. Seine Urkunde aber, die der Abt vom Altar genommen hat, soll er nicht zurückbekommen, sondern sie werde im Kloster zurückbehalten.